> Trendcoach Blog 
<< zurück zur Übersicht
Autonomie-Preise – eine Marketingmethode zwischen „Pay what you want“ und Social Payment
So unterschiedlich die Bedürfnisse des individualisierten Konsumenten auch sein mögen, es eint sie ein Grundgefühl: das der Sehnsucht nach zunehmender Mitbestimmung. Der Konsument der Zukunft ist immer stärker bereit, selbst einen Beitrag zur Ausdifferenzierung zu leisten. Für das Marketing resultieren daraus vielfältige Formen zur Verbesserung der Kundenbindung – auch auf der Preisebene.

Sicherlich ist es der Preis, der im Marketingmix die geringsten Spielräume zur Konsumenten-Mitsprache bietet. Schließlich definiert er sich nicht nur über die Gewinnspanne sondern auch entlang der Kosten für Entwicklung, Produktion, Logistik und Vertrieb. Dennoch zeigen die Erfahrungen, dass sich aus diesem Umstand auch die höchste Anerkennung durch die Verbraucher generieren lässt. Traut man ihm zu, selbst die Summe zu nennen, die ihm das betreffende Produkt oder die Dienstleistung Wert ist, fühlt er sich geschmeichelt und in seiner Souveränität Ernst genommen.

Doch die Sache gestaltet sich schwierig. Wer seine anvisierte Zielgruppe mit der Preisfindung komplett alleine lässt, überfordert sie und bleibt womöglich auf den Kosten sitzen – von Gewinn ist dann gar nicht mehr die Rede. Grundsätzlich unterscheidet man bei der Pricing Autonomy zwei Grundprinzipien: das Social Payment sowie das Value Payment.

Social Payment
Der Begriff Social Payment bezeichnet eine freiwillige Kleinabgabe für meist immaterielle Güter im Internet. Wegen der geringen Höhe der Beträge wird es auch als „Micropayment“ bezeichnet und ist als solches als eine Form des „Crowdfundings“ zu verstehen. Eine Gruppe honoriert die Arbeit anderer im Internet. Die beiden bekanntesten Social-Payment-Services heißen Kachingle.com (USA) und Flattr.com (Verbreitung im deutschsprachigen Raum). Bei beiden Services können registrierte Benutzer monatlich einen frei wählbaren Abonnementsbetrag auf ein Konto einzahlen. Die Anbieter (zumeist von Textbeiträgen) platzieren auf ihrer Website einen Button, den der Nutzer anklicken kann, wenn ihm der Internet-Inhalt gefällt.

Value Payment
Mit Value Payment wird die Bezahlung jeder kommerziellen Ware oder Dienstleistung umschrieben, bei der Käufer den Preis selbst bestimmen können. Der Grundsatz dieser Preisgestaltungsfreiheit lautet „Pay as you want“ und wird häufig zu Werbezwecken und lediglich über einen begrenzten Zeitraum vom Hersteller angeboten. Neben gastronomischen und touristischen Betrieben setzen nun auch die ersten klassischen Retailer auf diesen Marketingtrend: Die Vereinigung Bio-Austria.at etwa hat im letzten Herbst in verschiedenen Einkaufscentren Österreichs Stände aufgebaut, an denen sich die Menschen über die Bio-Lebensmittel informieren konnten und sich zu einem Preis ihrer Wahl mit Obst und Gemüse aus biologischem Anbau eindecken konnten.

Trendkonsequenzen: Der Trick für eine erfolgreiche Preis-Autonomie-Aktion liegt in der Transparenz des Angebots. Immer dann, wenn der Kunde erkennen kann, wer sich hinter der Aktion verbirgt, wie die Spielregeln sind und wer persönlich von seiner Zahlung profitiert, wird er sich um einen angemessenen Preis bemühen. Denn eine Sache ganz umsonst abzustauben, ist der Mehrzahl der Menschen unangenehm. Wirtschaftswissenschaftler haben nachgewiesen, dass die meisten Menschen bei solchen Preis-Freistellungen versuchen, einen Preis zu zahlen, der sich am Wert der konsumierten Leistung orientiert – wenn sie sich denn mit dem Anbieter identifizieren können und den „Referenzpreis“ einer vergleichbaren Leistung kennen.

Kasten
Der persönliche Hotel-Deal
Hotelanbieter gehören zu den eifrigsten Anbietern von Value Payment Angeboten. Ob es sich dabei um einen „Live Quality Check“ eines ganzen österreichischen Bergdorfs (Laengenfeld.com in Tirol) oder um eine klassische Werbeaktion der Best Western Hotelgruppe im letzten Herbst in Frankreich handelt: Die autonom vom Gast festgelegten Preise sorgen für Aufmerksamkeit und ködern möglicherweise neue Stammkunden. Eine neue Spielart in diesem Segment stellt das Webangebot DealMyHotel.com dar: Hier haben Webuser die Möglichkeit, nach bestimmten Suchkriterien ihre bevorzugte Reisezeit, Destination und Zimmerkategorie einzugrenzen. Das System schlägt Häuser vor, die diesen Kriterien entsprechen, der Kunde tippt anschließend den Preis bei seinen bis zu zehn Favoriten ein, der ihm angemessen scheint. Auf dieser Grundlage verhandelt DealMyHotel mit den einzelnen Hotels und verschickt Verhandlungsangebote via E-Mail. Im „My Deals Account“ können diese dann verglichen, der Favorit direkt gebucht werden.

<< zurück zur Übersicht