Gate-Trends: Die Erholung beginnt vor dem Abflug
Nicht nur das Reiseziel sondern auch der Abflugs- oder Umsteigeort werden heute bewusst ausgewählt. Gerade Flughäfen werden immer mehr zu einer eigenen Marke. Der Non-Aviation-Bereich wird in der Reisewelt der Zukunft zum wichtigen Alleinstellungsmerkmal.
Schon heute beläuft sich der Anteil der Posten, die am Münchner Flughafen nichts mit dem Fliegen zu tun haben, auf fast 50 Prozent. Ein neues Satellitengebäude soll demnächst nicht nur mehr Platz für Flugzeuge sondern auch für Läden schaffen. Die Vermarktung von Flächen am Frankfurter Flughafen, die nicht für den Flugbetrieb genutzt werden, machen stattliche 18,4 Prozent des gesamten Konzernumsatzes aus, die vorhandenen Flächen sollen nun erweitert werden. Und am neuen Berliner Großflughafen räumt man den Läden und Dienstleistungen von Beginn an große Flächen ein.
Ein Blick auf Flughäfen im In- und Ausland zeigt, dass die Bandbreite der Non-Aviation-Angebote gigantisch ist:
Healthstyle am Gate
In Singapur-Changi gibt es einen Swimming Pool unter freiem Himmel auf dem Dach eines Abfertigungsgebäudes, der Flughafen Nagoya in Japan bietet traditionelle heiße Onsen-Bäder, in der British Airways Lounge im Terminal 5 in London-Heathrow gibt es ein Day Spa, genauso wie in San Francisco und Amsterdam, wo sich die Gäste im „Xpres Spa“ entspannen können. In Frankfurt, München und Dubai bietet die Kette „Be Relax“ Kosmetikprogramme an, in einer Bar am Airport Las Vegas strömt Sauerstoff aus Plastikschläuchen. Kleine Wohlfühlinseln für Maniküre, Pediküre, Massage, Rasur oder Aromatherapie gehören überall zum guten Ton. In Zürich können die Passagiere ein Fitnessstudio aufsuchen, die Kleidung gibt es als Leihgabe an der Rezeption.
Kasten:
Dass die Verantwortlichen bei der Planung neuer Airport-Healthstyle-Einrichtungen nicht kleckern sondern klotzen können, zeigt das Beispiel von Helsinki Vantaa: Hier wurde mit dem Via Spa eine 600 qm große Wellnessanlage errichtet, mit vielzähligen Saunen, Dampfbädern und Wasserbecken. Anwendungen stehen zur Auswahl, die in kürzester Zeit maximale Entspannung schaffen sollen. Eine verspiegelte Glasfront gibt den Blick auf die Hektik der Abflugshalle frei – umgekehrt ist nichts zu sehen.
Airport-Shopping
Die meisten Wohlfühl-Angebote an den Airports befinden sich hinter den Sicherheitskontrollstellen. Erst wenn dieser Check-up überstanden ist, setzt das Gefühl dafür ein, dass die Wartezeit Freizeit ist. Das spiegelt sich auch im Retailbereich wider: Schmuck, Uhren, teure Kosmetik, hochpreisige Mode wird vornehmlich in den Sicherheitsbereichen angeboten. Doch auch das Geschäft diesseits der Absperrungen ist ein Wachstumsmarkt. Parken, 24/7-Öffnungszeiten, Sicherheit, große Auswahl – der Airport wird zur Mall. Indikator dafür sind Mainstream-Modemarken, Drogerien, Schuhläden oder Supermarkt-Ketten, die hier ihre Filialen eröffnen. Das ist für die Bewohner des Umlands genauso interessant wie für die Beschäftigten des Flughafens. Allein am Airport München arbeiten rund 30.000 Menschen.
Glokale Flughafenmarken
Die Website SleepinginAirports.com macht vor, wie groß das Interesse der Fluggäste an den Regional Specials der einzelnen Flughäfen in Zukunft sein wird: Auf diesem Portal werden Bewertungen gesammelt, die sich auf die Übernachtungsmöglichkeiten an den Flughäfen beziehen. Singapur-Changi bietet kostenfreie komfortable Liegen für müde Reisende, in München kann man sich in eine Napcab einmieten, in Heathrow und Schiphol gibt es Plätze in Schlaf-Containern, die man gegen eine Gebühr nutzen kann. Doch das Ruhebedürfnis ist nur eine Möglichkeit der lokalen Alleinstellung. In Paris setzt man an beiden Flughäfen auf Spielkonsolen in den Wartebereichen, in Amsterdam wurden unlängst eine Flughafen-Bibliothek sowie ein Ableger des hier beheimateten Rijksmuseums eingerichtet. Und in Berlin und Wien lassen sich gegen eine Gebühr die Vielflieger-Lounges mit benutzen.
Trend Learnings: Airports sind eigenständige Erlebniswelten und Orte zur Ad-hoc-Entschleunigung gleichzeitig. Eine ganze Reihe an Bedürfnissen lassen sich hier befriedigen – vom alltäglichen Einkauf bis zur aufwändigen kosmetischen Behandlung. Wenn sich Urlauber, Geschäftsreisende, Bewohner des Umlands und Mitarbeiter hier gleichermaßen wiederfinden, können die Non-Aviation-Umsätze in Zukunft das eigentliche Fluggeschäft hinter sich lassen. Die Betreiber sollten über neue Allianzen nachdenken.