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Interview Future Kids - Der Kinder-Konsum der Zukunft
Corinna Langwieser vom Zukunfts-Institut, Kelkheim, hat an der Studie «Future Kids – Die geheimen Wünsche und wa(h)- ren Bedürfnisse der Konsumenten von morgen» mitgewirkt. Die Kernaussagen zu diesem Thema wird sie während der Spielwarenmesse am 4.2. um 13.10 Uhr auf dem Toy Business Forum vortragen. Wir haben bereits im Vorfeld mit der Trendexpertin gesprochen:

Frau Langwieser, wie werden denn die geheimen Wünsche der Kids von morgen konkret aussehen?

Corinna Langwieser: Wir erleben gegenwärtig, wie sich das klassische Verhältnis von Jung und Alt nachhaltig verändert. 40 ist das neue 20, aus den Alten wird eine Generation «Silver Sex» und Zehnjährige versuchen erwachsen zu sein. Die Kinder von heute und morgen sind weitaus reifer und eigenständiger als noch vor einigen Jahren. Und dabei dennoch im Herzen kind- lich und verspielt. Im Umgang mit Lebens- und Alltagssituationen agieren sie verantwortungsvoll und sehr bewusst. Natürlich müssen Kinder wie eh und je lernen, mit Konsum und der bunten Warenwelt umzugehen, doch durch den rapiden gesellschaftlichen Wandel, in dem sich unsere Gesellschaft derzeit befindet, dürfen sie als Persönlichkeiten nicht unterschätzt werden. Eigenverantwortung und Selbständigkeit bilden heute die wichtigsten Erziehungsziele. Die Kinder lernen früh, dass man sich einsetzen und an sich arbeiten muss, will man im Leben etwas erreichen. Das Me-Promoting gehört im Zeitalter des Post-Post-Materialismus automatisch zum Alltag unserer Kinder. Zwar haben sich weder die klassischen Taschengeld-Produkte – wie Süßigkeiten und Zeitschriften, aber auch Konsolenspiele, Sticker und DVDs (bei den Jungen) sowie Kosmetik, Mode und Bücher (bei den Mädchen) – in den letzten Jahren groß geändert, noch die Wunschzettel, auf denen nach wie vor Handys, Laptops, Fahrräder, Spielkonsolen oder Sportausrüstungen ganz oben stehen. Die Ernsthaftigkeit, mit der diese Konsumbedürfnisse befriedigt werden sollen, hat sich aber sehr wohl verstärkt.

Welche Zielgruppe ist dabei für den Spielwarenhandel von besonderem Interesse?

Corinna Langwieser: Die Spielwarenwelt scheint Kopf zu stehen. Die porträtierten Kids-Konsumtypen zeigen, dass die Märkte heterogener und vielfältiger werden. Wer künftig die kleinen wie auch großen Käufer erfolgreich erreichen und binden will, muss den Nachwuchs in seinen neuen Bedürfnissen, Sehnsüchten und Wünschen ansprechen – also in seiner derzeitigen Lebenssituation. Und diese sind teilweise gar nicht so verschieden von denen der Erwachsenen: Kreativität, Bildung, Gesundheit, Sicherheit, Ästhetik, Beratung und Service sind auch für die Kids-Markets essentielle Schlüsselbegriffe. Doch Kinder als Konsumenten anzusprechen ist wie der Tanz auf einem Vulkan. Überall lauert die Gefahr eines kommunikativen Missverständnisses, zumindest dann, wenn nicht gewisse Grundregeln eingehalten werden. Egal ob Schlaumeier oder Glühwürmchen angesprochen werden sollen – in erster Linie gilt es für jeden Kinder-Typus, ihm Konsumkompetenz zu vermitteln.

Inwiefern wird der Social Media-Bereich das Konsumverhalten der Kids beeinflussen?

Corinna Langwieser: In Sachen Kommunikation handelt es sich bei den jungen Konsumenten um die eigentlichen Gewinner. Egal ob es um alte oder neue Medien geht: Die Kids haben die Nase vorn, sie sind es, die mit den Spielregeln einer neuen Netzwerkgesellschaft groß werden. Entsprechend selbstbewusst und auskunftsfreudig bewegen sich die Kinder im Internet. Sie lernen früh, ihre Positionen deutlich zu machen, ihre Marktmacht auszuspielen und auf Mitsprache zu pochen. Der Erfolg der aktuellen Social Media- Kampagnen zeigt: Die Kinder von heute sind so aufgeklärt, medienaffin und schlau, selbst realisieren zu können, wann ihnen ein neues Produkt (vermeintlich) neue Vorteile verschafft. Und erst wenn sie sich von dieser Vorstellung emanzipiert haben, sind sie wahrlich erwachsen geworden. Bis es soweit ist, helfen werbliche Argumente, mit denen die Kinder auch bei ihren Eltern Überzeugungsarbeit leisten können. Wer verstanden hat, dass die Produktqualität, das Preis-Leistungs- Verhältnis oder die Biozutaten die Eltern zum Kauf animieren könnten, ist bereits ein echter Konsum- und Kommunikations-Profi geworden. Social Media-Kinderkampagnen werden in Zukunft einen immer bedeutenderen Stellenwert im Marketing- Mix einnehmen: Kinder lieben es, um Rat gefragt und um ihre Meinung gebeten zu werden. Kinder werden also mehr denn je Macht über das Konsumverhalten der Eltern haben. Aus Sicht unserer Branche keine schlechten Aussichten ...

Corinna Langwieser: Wer ein Produkt haben möchte, setzt sich massiv dafür ein – zunächst bei den Eltern und Großeltern, später durch Dazuverdienen, Sparen und Selberkaufen. Ein moderner Materialismus ist bei den Kindern von heute weit verbreitet. Fähigkeiten, Produkte und Marken bekommen in diesem Zusammenhang eine Entwicklungshelfer- Funktion: Wenn ich schon alleine einkaufen kann, bedeutet es, dass ich schon groß bin. Wenn ich eine «Prinzessin Lillifee»-Haarbürste habe, macht mich das selber schöner, und wenn ich an meiner «Playstation» Abenteuer durchlebe, fühle ich mich selber stärker. Marken gelten als Wunderwaffen. Kinder werden heute immer früher an den Entscheidungsprozessen in den Familien beteiligt, und sie besitzen volles Mitspracherecht. Entsprechend groß ist ihr Einfluss auch in allen Fragen rund um die Themen Konsum, gemeinsame Freizeit- oder Urlaubsgestaltung. Die wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahre verstärken sich in jüngster Vergangenheit: Die Verfasser der «Kids VA» werden nicht müde, Jahr für Jahr zu betonen, dass der Anteil derjenigen Kinder, die selbst entscheiden dürfen, was sie mit ihrem Taschengeld anstellen, ansteigt – und gleichzeitig das Markenbewusstsein, die Sparbereitschaft sowie der Einfluss der Kinder auf das Haushaltsbudget. Trotz schwindender «Quengelwarenzonen» und Taschengeldparagraf haben Kinder mehr denn je Macht über das Konsumverhalten ihrer Eltern. Der Einfluss, den Kinder auf Kaufentscheidungen ihrer Eltern haben, ist riesig und wird von den Eltern enorm unterschätzt. Eine aktuelle Studie von Konsumentenforschern der Universität Wien zeigt, dass nur die Hälfte der Spontankäufe, die im Supermarkt von Kindern ausgelöst werden, den Eltern auch bewusst ist – rund zehn Artikel legen Mütter und Väter beim wöchentlichen Einkauf spontan in den Einkaufswagen, nur weil ihre Kinder das wollen.

Auf welche Punkte müssen Industrie und Handel Ihrer Studie zufolge künftig am meisten achten, um Kids erfolgreich anzusprechen?

Corinna Langwieser: Für die Kids- Konsum-Marketer ist die Abgeklärtheit des Nachwuchses nicht immer einfach zu durchschauen. Die bunte Welt der Waren und Werbemaßnahmen nämlich ist für Kinder zunächst ein Grundrauschen, aus dem sich erst mit dem Erreichen des nächsten Entwicklungsschritts relevante Informationen heraus kristallisieren. Konkret bedeutet dies, dass sich Kindergartenneulinge einfach noch nicht für Schultüten interessieren, Vorschulkinder hingegen schon. In der von Wettkampf-Logik geprägten Grundschule sind Sportkleidung und Schuhe von Bedeutung, in der Vorpubertät dann Hosen, Handys und elektronische Geräte. Dabei muss bedacht werden: Mädchen haben andere (Konsum-)Interessen als Jungen. Marken können in diesem Zusammenhang Portale für ein bestimmtes Produktsegment sein. Erfolgreiche Marken nämlich repräsentierten die Charakteristika ganzer Segmente, sie machen das Produkt greif- und erlebbar. Mit dem Wunsch nach einem solchen Markenprodukt zeigt das Kind an, dass es wieder etwas von der Welt und ihren Zusammenhängen gelernt hat. Gleichzeitig eröffnen neue Produktgruppen den Zugang zu neuen sozialen Kontakten. Gleichgesinnte sind wichtige Anker in der von Unsicherheit geprägten kindlichen Lebenswelt. Die eigenen Fähigkeiten werden im Laufe der Entwicklung immer wieder mit denen anderer verglichen. Freunde sind für Kinder der Spiegel des eigenen Ich. Markenartikler, die den Aufbau stabiler Netze ermöglichen, werden sich in Zukunft über neue Nachfrage freuen können.

Fünf Spielregeln für das Kinder-Marketing der Zukunft
1. Kinder von morgen müssen in ihrer Entwicklungsstufe und nicht in ihrem Alterssegment angesprochen werden.
2. Überzeugen Sie die kleinen Kunden mit Ehrlichkeit.
3. Geben Sie den Kindern greifbare Verkaufsargumente an die Hand.
4. Verpassen Sie nicht den Anschluss an die Zukunft – Social Media wird Mainstream.
5. Kids-Markets sind All-Age-Märkte

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